Die Unterschwellen-Vergabeordnung (UVgO) ist bereits seit dem 2. 9. 2017 im Bund und seit dem 1. 10. 2017 im Bundesland Hamburg eingeführt. Für die Landesbehörden des Freistaates Bayern gilt sie ab dem 1. 1. 2018. Freiberufliche Leistungen sind gemäß § 1 UVgO grundsätzlich erfasst. § 50 UVgO erlaubt, ausgehend davon, dass auch hier „grundsätzlich“ Wettbewerb zu veranstalten ist, eine Prüfung dahingehend, ob dies nicht in Anbetracht der „Natur des Rechtsgeschäftes“ und in Ansehung der „besonderen Umstände“ im Ergebnis anders beurteilt werden kann.
Hiermit wird viel Spielraum für eine Vergabe an einen einzigen Wirtschaftsteilnehmer geschaffen, bspw.
- für sog. Fortsetzungsaufträge bei vorhandenen Vorkenntnissen eines Projektes,
- für die Fälle eines notwendigen, erhöhten Vertrauenslevels
- oder für die Konstellationen vorausgelaufener Investitionen eines Unternehmens.
Insbesondere die konkreten Umstände des Einzelfalles können daher den Verzicht auf den Wettbewerb erlauben. Die Regelung geht demnach nicht so weit, dass ein Fall vorliegen muss, in dem aus technischen (oder wirtschaftlichen) Gründen nur ein einziges Unternehmen die betreffende Leistung zu erbringen vermag. Damit greift eine gewisse Entscheidungsmöglichkeit Platz, die sich an der Opportunität im Hinblick auf die Veranstaltung eines Wettbewerbes orientiert.
Was bedeutet nun „Opportunität“? Diese kann neben technischen Gründen auch auf wirtschaftliche Gründe zielen. Vielleicht ist ein Wettbewerb theoretisch denkbar, jedoch ist dieser nicht zielführend, weil sich ein neuer Freiberufler in das Projekt, das ihm fremd ist, erst kostenträchtig einarbeiten muss. Möglicherweise sind dies aber auch Gesichtspunkte, die in den persönlichen Kontakten und dem damit verbundenen Vertrauen, dessen es für eine gute Leistungsausführung im Einzelfall zwingend bedarf, wurzeln. Bei diesen Sachverhalten wird es naturgemäß sensibel, weil die Grenze zu einer Verfahrensweise nach dem Muster „bekannt und bewährt“, die vor langer Zeit vom BGH diskreditiert wurde und seither geradezu verpönt ist, schnell erreicht und auch überschritten sein kann. Besser ist es zweifelsfrei, sich im Falle einer Vergabe freiberuflicher Leistungen ohne Wettbewerb möglichst an objektiv nachvollziehbaren Umständen zu orientieren. Demgegenüber können Aspekte des „Fühlen, Meinen, Merken, Denkens“, schnell zur Rechtsunsicherheit und auch ins vergaberechtliche „Aus“ führen.
Wie verhält sich dieser ggf. mit guten Gründen einschränkbare Wettbewerb auf einen einzigen Unternehmer nun in Bezug auf die staatlichen Preisvorschriften der HOAI? Die HOAI engt die Bandbreite des im Ausschreibungsrecht in der Regel angestrebten preislichen Wettbewerbes ohnehin praktisch auf Null ein. Die Alternative wäre nur, wie im Oberschwellen-Bereich üblich, sehr viel Aufwand zu betreiben und weitere Zuschlagskriterien wie organisatorische Herangehensweise und Konzepte, verbunden mit Präsentationen,zu verwenden. Dieser Aufwand lohnt jedoch nicht, wenn der Auftrag nur relativ marginale Werte wie z. B. einige Zehntausend Euro erreicht. Zu diesem Zweck sehen die „Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau)“ (Fassung vom Oktober 2017), die oftmals auch in den Bundesländern (so z. B. Sachsen-Anhalt) Anwendung finden, vor, dass im Falle von freiberuflichen Aufträgen, welche der HOAI unterliegen, die Einholung eines einzigen Angebotes genügt, sofern der Honorarwert netto nicht 50.000 € übersteigt. Damit wird eine praktische Handhabe gegeben, welche die Unsicherheiten in der Praxis jedenfalls ein wenig zu reduzieren geeignet ist.