«

»

Nachhaltigkeit bei der Beschaffung

Man kann in der Politik in vielfältiger Hinsicht Beschaffungsverfahren reklamieren, die nachhaltig ausgestaltet sein sollen. Die andere Seite der Medaille ist jedoch, dass die zuständigen Stellen und die anzuwendenden Verfahren längst nicht in ausreichendem Maße bekannt sind.

In der Verwaltung des Bundes wurde eine Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung angesiedelt. Sie läuft unter der Abkürzung „KNB“ und ist über die Internetseite www.nachhaltige-beschaffung.info erreichbar. Die Leiterin der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung, hielt im Rahmen einer Vortragsveranstaltung für die Hessische Landesverwaltung am 14. 7. 2014 in Wiesbaden einen Vortrag, in dem sie einen Überblick über den aktuellen Stand des nachhaltigen Beschaffungswesens gab. Sie stellte vor, dass die KNB zwar bei dem Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern in Bonn angesiedelt ist, jedoch auch für die übrigen Gebietskörperschaften wie Ländern und Gemeinden zuständig ist. Auch Universitätsverwaltungen sind ausdrücklich eingeschlossen.

Im Rahmen der Tätigkeit der KNB wird zunächst eine Zusammenführung der diversesten Expertengruppen vorgenommen. Entscheidend ist, dass Wissen und Erfahrungen gebündelt werden.

Daher gibt es beim Bundeswirtschaftsministerium eine so genannte „Allianz für nachhaltige Beschaffung“. Hinter dieser Allianz verbergen sich die unterschiedlichsten Expertengruppen, namentlich eine solche für Ressourceneffizienz, für Mobilität, für nachhaltiges Bauen, sowie für den ÖPNV. Dazu gibt es komplementär eine Monitoring-Gruppe, die operativ unter Zuhilfenahme der Dienste der Unternehmensgruppen Kienbaum begleitet wird.

Die KNB selbst, die beim Beschaffungsamt des BMI angesiedelt ist, besteht aus der Leiterin Sabine Poell, sowie weiteren acht Mitarbeitern, die insbesondere die Entwicklung von Leitlinien für die unterschiedlichsten Beschaffungsbereiche unterstützen soll. Die eine Wahrheit ist natürlich, dass zunächst einmal Aspekte des umweltgerechten und sozialverträglichen Beschaffungswesens in den unterschiedlichen Vergabebereichen herausgearbeitet werden. Die andere Wahrheit ist, dass hierzu selbstverständlich konkrete Handlungsanleitungen und auch Hilfen für Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie weitere Ausführungsbedingungen im Rahmen der Vergabe- und Vertragsentwicklung zur Verfügung gestellt werden müssen.

Die KNB an der Schnittstelle zwischen den Expertengruppen beim BMWi und den unterschiedlichsten Beschaffern bei den Gebietskörperschaften hat beispielsweise die Funktion, Schulungen respektive Fortbildungen zu organisieren. Es geht darum, die Vergabestellen mit den neuartigeren Anforderungen vertraut zu machen. Es geht aber auch darum, schon in der Ausbildung der Beamten und Angestellten die notwendigen Akzente für ein nachhaltiges Beschaffungsverhalten zu setzen. So gibt es beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung entsprechende Projekte.

Die KNB stellt des Weiteren konkrete Produktgruppenblätter auf die Website, die beispielsweise Berechnungsmethoden für die Lebenszykluskosten enthalten.

Außerdem existiert ein Vertrag mit dem Bitkom in Berlin, auf dessen Grundlage Standards und Handlungsempfehlungen im Hinblick auf die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen insbesondere bei der Beschaffung von Hardware entwickelt werden sollen. Dabei geht es speziell um die Schaffung einer Mustererklärung, die dann in den unterschiedlichsten Beschaffungsbereichen im Rahmen der IT-Vergaben Verwendung finden soll.

Des Weiteren gibt es eine Vereinbarung mit dem Textilverband. Auch der Bereich der Textilienbeschaffung, der in der jüngeren Zeit im besonderen Maße in die öffentliche Diskussion geraten ist, soll hingeführt werden zu einer Situation, in der die Abverlangung von Mustererklärungen von der Wirtschaft als selbstverständlich angesehen wird. Die Erfahrung geht nämlich dahin, dass eine frühzeitige Einbeziehung der Verbände bei den Bemühungen der öffentlichen Hand um nachhaltiges Beschaffungswesen auf größere Akzeptanz in der Wirtschaft stößt.

Darüber hinaus wird eine Diskussionsplattform eröffnet, die Erfahrungsaustausch bieten soll. Diese Plattform wird aber als zunächst interne Plattform geführt. Es schließen sich Tätigkeiten für die Erstellung von Produktgruppenblättern an.
Des Weiteren ist ein Tätigkeitsgebiet der KNB das so genannte „Electronics Watch“, das nur für den IT-Bereich gilt, aber darauf hingeht, Zertifizierungen sicherzustellen, bei denen es etwa im Bereich der Hardware auch Kontrollen in den Fabriken vor Ort gibt.

Schließlich ist eine umfangsreiche Aufklärungsarbeit gegenüber Jedermann Aufgabe der KNB – etwa in Form von Newslettern, die über die Website elektronisch abonniert werden können.

Frau Poell ging auch auf die neuen EU-Vergaberichtlinien ein. In diesen ist aus dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Beschaffung heraus hervorzuheben, dass die Entscheidung des EuGH von Mai 2012 (EuGH, Urt. v. 10. 5. 2012, Rs. C-368/10 „EKO“) insofern zurückgenommen wurde, als dass bei Siegeln oder Gütezeichen wie bei dem „Blauen Engel“ oder dem Fairtrade-Label nun doch nicht mehr transparenzhalber alle Merkmale, welche die Voraussetzungen für den Erhalt des Labels bilden, in den Ausschreibungsunterlagen nochmals aufgeführt werden müssen, wie dies jedoch der EuGH verlangt hatte. Die neue Vergaberichtlinie zielt mithin darauf, allgemeinverbindliche Standards zu stärken, in denen anerkannte und möglichst weitverbreitete Labels nicht mehr erschöpfend hinsichtlich ihrer Mindestanforderungen genannt werden müssen.

Tendenziell soll dies auch im Elektronikbereich für das „TCO“- oder „EnergyStar“-Label gelten. Auch für weitere Labels wie das „GOZ“ oder im Papierbereich das „PEFC“- und das „FSC“-Siegel soll diese modifizierte Regelung in der neuen Richtlinie Geltung entfalten. Im Einzelnen wird sicherlich das deutsche Umsetzungsrecht abzuwarten sein.